Mineralwolle-Entsorgung: Praxistaugliche Regelung weiter nicht in Sicht
Kostenexplosion und Entsorgungsstau gefährden Klimaziele und Arbeitsplätze
Seit 2017 tragen Mineralwolleabfälle die gleiche Abfallschlüsselnummer wie Asbest und müssen daher genauso aufwändig entsorgt werden. Die Folgen: eine Explosion der Entsorgungskosten um das 25-Fache und eine Vervielfachung der erforderlichen Deponiefläche. Der nun vorliegende Entwurf zur Novellierung der Deponieverordnung bringt neue zusätzliche Auflagen und führt zu einer weiteren Kostensteigerung bei gleichzeitigem Rückgang der thermischen Gebäudesanierung.
Daher fordert die Fachvereinigung Mineralwolleindustrie (FMI) eine praxistaugliche Übergangsregelung für das bis zum derzeit ab dem Jahr 2027 vorgesehene Deponierungsverbot – damit Mineralwolleabfälle wieder sachgerecht und sicher entsorgt werden können.
Das Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) hat das Problem in der Zwischenzeit erkannt und der aus wissenschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigten Gleichstellung von Mineralwolle und Asbest wird in der Novellierung des Abfallverzeichnisses durch eine eigene neue Schlüsselnummern Rechnung getragen.
Allerdings übertreffen nach der geplanten Novelle der Deponieverordnung (DVO) die Auflagen für Mineralwolle bei weitem jene für Asbest.
Abfallverzeichnis kann nur ein erster Schritt sein
Udo Klamminger, FMI-Vorstandsvorsitzender: „Die Erfahrung zeigt, dass man im Alltag nicht davon ausgehen kann, dass durchgängig zwischen „Mineralwollabfälle alt“ und „Mineralwollabfälle neu“ unterschieden wird. Viel eher wird voraussichtlich der Großteil der Mineralwollabfälle als alt und daher gefährlich eingestuft und damit die völlig überzogene Regelung der Deponieverordnung zur Anwendung kommen! Wir fordern daher, die zusätzlichen Auflagen in § 10c der DVO-Novelle „Künstliche Mineralwollabfälle“ zurückzunehmen.“ Diese Auflagen bedeuten, dass Mineralwollabfälle verpackt und gepresst oder zerkleinert und mit Zement gebunden angeliefert werden müssen, was eine weitere Verteuerung nach sich ziehe.
Auch die gesonderte Ablagerung sieht die FMI als unnötige Herausforderung für Deponierer und schlägt daher vor, so wie bis 2017 einen losen Einbau am gesamten Deponiekörper zu ermöglichen. Zudem sollte vor allem in Rücksichtnahme auf private Bauherren – trotz des beabsichtigten Deponierungsverbots ab dem Jahr 2027 – die Deponierung von Kleinmengen noch möglich sein.
Gemeinsames Ziel: Wiederverwertung und Recycling
Die in der FMI vertretenen Hersteller von Mineralwolle sind wie das BMK der Überzeugung, dass das übergeordnete Ziel der österreichischen Abfallpolitik ein Deponieverbot sein muss. Alle beteiligten Unternehmen sind bereit, ihre intensive Forschung um entsprechende Recyclinglösungen zu verstärken. Dies bedarf aus heutiger Sicht noch einer Übergangszeit bis insbesondere die Technologie für das Recycling größerer Mengen von vermischten Mineralwolleabfällen entsprechend entwickelt worden ist.
Warum das alles so wichtig ist: Arbeitsplätze, Klimaschutz und Konjunkturspritze
Von der gegenwärtigen Situation sind sowohl öffentliche wie auch private Immobilienbesitzer unmittelbar betroffen, besonders stark auch Kommunen und Behörden mit ihren Liegenschaften.
Die explodierenden Entsorgungskosten gefährden sowohl Arbeitsplätze als auch Klimaziele und bremsen ein Wiederanspringen der Baukonjunktur. Der Bausektor stellt einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Österreichs dar. Daher kommt ihm für eine Erholung der Wirtschaft eine zentrale Rolle zu. Es muss daher gerade jetzt sichergestellt werden, dass es mittelfristig zu keinen Investitionsengpässen im Baubereich bei privaten und öffentlichen Gebäuden kommt.
Was die Arbeitsplätze betrifft, geht es nicht nur um die Mitarbeitenden der Hersteller von Mineralwolleprodukten, sondern vor allem um die 233.500 Arbeitsplätze im Bauhilfs- und Nebengewerbe sowie rund 71.500 Arbeitsplätze in Bauunternehmen und etwa 16.000 Arbeitsplätze in der Entsorgungswirtschaft. Betroffen sind dabei überwiegend mittelständische Betriebe unterschiedlichster Branchen – Baufirmen, Dachdeckereien, Zimmerei- und Holzbauunternehmen, Sanitär-, Heizungs- und Klimaanlagenbetriebe, Elektroinstallateure, Maler-, Trockenbau-, Fliesenlege-, Stuck- und Fassadenbaubetriebe.
Der vorliegende Begutachtungsentwurf zur Novelle der Deponieverordnung widerspricht zudem den national und international verfolgten Klimaschutzzielen, da er sinnvolle und notwendige Sanierungsprojekte erschwert. Die Klimaziele erfordern eine erhöhte Sanierungsrate.
Die Sanierung innerhalb der Wohnbauförderung erreichte 2009 eine Sanierungsrate von 1,8%. Seither sind geförderte Sanierungen kontinuierlich rückläufig und erreichten 2018 eine Rate von nur noch 0,5%. Zur Erreichung einer vollständigen thermisch-energetischen Ertüchtigung des Wohnungsbestands bis 2040 muss laut der Umweltbundesamt GmbH die Gesamtsanierungsrate kurzfristig auf 2,6% und ab 2025 auf 3,2% erhöht werden. Allein durch diese aus Klimasicht dringend erforderlichen Investitionen in die Gebäudehülle könnte eine sechsstellige Zahl neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse entstehen.
Bilder:
Udo Klamminger, MBA (FMI-Vorstandsvorsitzender)
MMag. David Suchanek (Rechtsanwalt, Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH)
Credits: Fachvereinigung Mineralwolleindustrie/Richard Tanzer, Abdruck honorarfrei